Zwölf Monate China: Hendrik Gottschalk steht vor dem Abenteuer seines Lebens. Der 26-Jährige wird im bevölkerungsreichsten Land der Welt Fußballcamps anbieten und in der Trainer-Ausbildung arbeiten. Der ehemalige Torwart des SV Dorsten-Hardt und des SV RW Deuten steigt am Donnerstag ins Flugzeug. Sein Ziel: Xiangtan in der chinesischen Provinz Hunan. Über die Drei-Millionen-Stadt weiß Gottschalk nicht viel: „Ich lasse das alles auf mich zukommen und nehme es, wie es kommt.“ 

Eigentlich soll es eine Weltreise werden. Oder ein Jahr Australien. Auf jeden Fall will Gottschalk weg, weit weg. Erfahrungen sammeln – und auch ein wenig das Leben genießen. Doch dann öffnet sich eine neue Chance: Sein Dozent an der Uni Bochum vermittelt ihm den Kontakt zu Thomas Ernst. Der ehemalige Torwart des VfL Bochum will in China mit seiner Agentur „Spielkultur“ Fuß fassen, Fußballcamps anbieten und Trainer ausbilden. Denn bei aller Wirtschaftskraft steckt das Riesenreich (1,3 Milliarden Einwohner) fußballerisch noch in den Kinderschuhen. 

Thomas Ernst sucht junge, motivierte Fußballer mit dem nötigen Fachwissen – ein Profil, in das Hendrik Gottschalk perfekt passt. Im vergangenen Jahr hat er sein Studium der Sportwissenschaften mit dem Schwerpunkt Management abgeschlossen. Mit Thomas Ernst versteht er sich auf Anhieb bestens. „Wir sind beide Torhüter, vielleicht ticken wir deshalb ähnlich“, sagt Gottschalk. Auch deshalb muss er nicht lange überlegen, als das Angebot offiziell wird. „Ich habe sofort zugesagt. Das ist eine einmalige berufliche Chance für mich, aber ganz sicher auch ein großes Abenteuer. Meine Vorfreude ist riesig.“ 

Abreise verzögert

Erst Recht, weil sich Gottschalks Abreise zuletzt verzögerte. Eigentlich sollte es schon zum Jahreswechsel nach China gehen. Doch dann verletzte sich Ricardo Böck, mit dem Gottschalk hauptsächlich zusammen arbeiten wird. Der ehemalige U13-Trainer des VfL Bochum bereitete in Xiangtan alles vor und kuriert sich gerade in Deutschland aus. So wird Gottschalk in den ersten Wochen in China alleine wohnen. Auf sich allein gestellt ist der 26-Jährige knapp 9000 Kilometer von der Heimat entfernt aber nicht. Die Mitarbeiter vor Ort lernte der Dorstener bereits im August bei einem einwöchigen Besuch kennen. „Ich bin super aufgenommen worden. Ich weiß, dass man sich um mich kümmert und mir hilft.“ 

Gottschalk ahnt: Das Leben in China wird für ihn eine große Umstellung sein. Und das nicht nur, weil er ohne einen chinesischen Führerschein nicht selbst Auto fahren darf und sich hauptsächlich auf Englisch verständigen muss. „Ich weiß, dass es große kulturelle Unterschiede gibt. Davor habe ich am meisten Respekt. Ich werde versuchen, mich so schnell wie möglich anzupassen. Das wird vielleicht die größte Herausforderung“, sagt Gottschalk, der in China mit offenen Armen empfangen wird. 

Deutsche Experten sind gefragt

Denn der deutsche Fußball genießt spätestens seit dem WM-Sieg 2014 im Reich der Mitte einen hervorragenden Ruf. Deutsche Experten sind gefragt, sie sollen dem chinesischen Fußball auf die Beine helfen. Gottschalk wird in erster Linie in der Trainer-Ausbildung arbeiten. Der B-Lizenz-Inhaber soll das von Thomas Ernst und seinen Mitarbeitern entwickelte System „take five“ an Schulen und in Vereinen vermitteln. „Das ist eine Art Baukasten-System. Dabei geht es erst einmal um grundsätzliche Dinge, später wird es dann komplexer. Wir leisten da wirklich Pionierarbeit.“ 

Gottschalk setzt dabei auf seine Erfahrungen aus dem Studium, aber auch auf seine eigene fußballerische Ausbildung beim SV Dorsten-Hardt. „Ich hatte selbst auch tolle Torwarttrainer wie Willi Overbeck. Ich habe mir bei allen etwas abgeschaut und will das nun weitergeben“, sagt er. 

Es wird ernst

Seine Zusage hat er bis heute noch keine Sekunde bereut, ein bisschen mulmig ist ihm in den vergangenen Tagen aber dann doch geworden. Spätestens beim Ausräumen seiner Wohnung in Bochum merkte er: Jetzt wird es ernst. „Ich weiß, dass ich meine Freunde und vor allem meine Freundin und meine Familie sehr vermissen werde“, sagt Gottschalk. „Aber es ist ja nur ein Abschied auf Zeit.“ 

Von seinen Erlebnissen in China wird Hendrik Gottschalk regelmäßig in einem Internet-Blog für die Dorstener Zeitung berichten.